Die fünf Pflegegrade - Definitionen, Voraussetzungen und Beantragung

Was steckt hinter den Pflegegraden und wie beantrage ich den passenden Pflegegrad für Angehörige?

Was ist ein Pflegegrad?

Ein Pflegegrad dient der Einstufung einer pflegebedürftigen Person und ist die Bemessungsgrundlage für Leistungen der Pflegeversicherung. Wenn eine Person nachweislich dauerhaft pflegebedürftig ist, wird von der zuständigen Pflegeversicherung ein Pflegegrad festgestellt, der das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit widerspiegelt. Mit einem Pflegegrad können Versicherte Leistungen ihrer gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung in Anspruch nehmen. Seit 2017 gibt es insgesamt fünf Pflegegrade.

 

Warum sollte man einen Pflegegrad beantragen?

Wer aufgrund von Krankheit, Alter oder einem Unfall dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, den Alltag selbstständig zu bewältigen und Unterstützung benötigt, kann Leistungen seiner Pflegeversicherung beantragen. Dies gilt sowohl für die Pflege in einer stationären Einrichtung wie einem Pflegeheim als auch für die Betreuung zu Hause Durch pflegende Angehörige oder einen ambulanten Pflegedienst. 

Sowohl betroffene Personen selbst als auch ihre Angehörigen sollten einen Pflegegrad beantragen, wenn absehbar ist, dass in Zukunft Pflege benötigt wird. Denn nur mit einem Pflegegrad haben Versicherte Anspruch auf Leistungen der öffentlichen Pflegefürsorge.
 

Wer entscheidet über den passenden Pflegegrad?

Um den Pflegegrad genau festzulegen, wurde 2017 das Neue Begutachtungsassessment (NBA) eingeführt. Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK) oder von MEDICPROOF (bei privaten Versicherungen) prüfen jeden Antragsteller individuell. Dabei wird der Grad der Selbstständigkeit ermittelt und auf einer Punkteskala von 12,5 bis 100 Punkten festgehalten. Zusätzlich fließt die persönliche Beurteilung des Gutachters mit ein. Basierend auf diesem Gutachten entscheidet die zuständige Pflegeversicherung über den passenden Pflegegrad. Je mehr Punkte der Antragsteller erhält, desto höher fällt sein Pflegegrad aus und desto umfangreicher sind die Leistungen, die von der Pflegekasse bereitgestellt werden.

 

Welche Leistungen erhalten Betroffene?

Die Höhe der Leistungen, die ein Versicherter beantragen kann, richtet sich nach 3 Faktoren:

  • dem Pflegebedarf
  • der Art der Pflege (häuslich/stationär) 
  • den besonderen Umständen

Ab Pflegegrad 2 können Versicherte entweder Pflegegeld oder Pflegesachleistungen beantragen. Darüber hinaus stehen Betroffenen aller Pflegegrade pauschale Sonderleistungen zur Verfügung, wie der Entlastungsbetrag von 125 Euro oder Kurzzeitpflege- und Verhinderungspflegeleistungen. Die konkreten Leistungsbeträge können je nach Situation variieren.
 

Pflegegrad beantragen - so geht's Schritt für Schritt 

Versicherte können einen Pflegegrad einfach bei ihrer zuständigen gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung beantragen. Die Pflegeversicherung ist in der Regel mit der Krankenversicherung bzw. Krankenkasse verbunden. Der Antrag kann formlos oder telefonisch gestellt werden, wobei gegebenenfalls entsprechende Formblätter zugeschickt werden. 

Alles Weitere erfolgt durch die Pflegeversicherung. Sie schickt einen Gutachter des Medizinischen Dienstes (bei gesetzlich wie privaten Versicherten), der die Pflegebedürftigkeit der Person und Dein häusliches Umfeld beurteilt. Auf diesen Sachverständigen-Termin solltest Du Dich gut vorbereiten, um ein realistisches Bild der Pflegebedürftigkeit zu vermitteln. Lege medizinische Dokumente bereit und gebe gegebenenfalls weitere Informationen über den Zustand des Pflegebedürftigen preis. Ein Bescheid der Pflegekasse informiert Dich dann über den ermittelten Pflegegrad. 

Entspricht der zugewiesene Pflegegrad nicht dem tatsächlichen Unterstützungsbedarf oder kommen mehr und mehr Einschränkungen des pflegebedürftigen Menschen hinzu, kannst Du einen Antrag auf Höherstufung stellen und weitere Pflegeleistungen anfordern. Ein formloser Musterbrief genügt dafür. Es folgt ein weiteres Formular der Pflegekasse und möglicherweise ein erneutes Gutachten, um die Situation neu zu bewerten.

Gut zu wissen: Es kann bei der Festlegung des Pflegegrades zu Fehleinschätzungen kommen. Wird ein Pflegegrad abgelehnt oder fällt er zu niedrig aus, kannst Du die Entscheidung im Falle ernsthaften Zweifels anfechten. Ein Widerspruch muss allerdings innerhalb eines Monats bei der Pflegekasse eingegangen sein. Vorerst genügt ein kurzes Schreiben, die Begründung kann später erfolgen. Diese sollte jedoch gut vorbereitet sein. Liegt Dir das Gutachten noch nicht zusammen mit dem Bescheid vor, fordere es bei der Kasse an. Für gesetzlich Versicherte gibt es ein geregeltes Widerspruchsverfahren. Wird der Widerspruch abgelehnt, kannst Du vor dem Sozialgericht klagen.
 

Welche Pflegegrade gibt es - Definitionen und Voraussetzungen

Pflegegrad 1
Pflegegrad 1 wird Personen zuerkannt, die bisher keine Pflegeleistungen in Anspruch genommen haben, in der Regel aufgrund einer bisher nicht ausreichenden Pflegebedürftigkeit.

  • Um Pflegegrad 1 zu erhalten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
    Es besteht eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
    Im Neuen Begutachtungsassessment (NBA) erhält die betroffene Person zwischen 12,5 und 27 Punkten.
    Personen, die für Pflegegrad 1 in Frage kommen, sind in der Regel geistig und körperlich weitgehend in der Lage, ihren Alltag zu bewältigen, benötigen jedoch eine gewisse regelmäßige Unterstützung.

 

Pflegegrad 2
Pflegegrad 2 wurde eingeführt, um den Missstand der unvollständigen früheren Pflegestufe 0 zu beheben. Er richtet sich an Personen, die bereits einen erhöhten Hilfebedarf haben.

  • Um Pflegegrad 2 zu erhalten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
    Die betroffene Person ist erheblich in ihrer Selbstständigkeit beeinträchtigt.
    Personen, die aufgrund körperlicher oder geistiger Einschränkungen auf Hilfe angewiesen sind und im NBA einen Gesamtpunktwert zwischen 27 und 47,5 erreichen, haben Anspruch auf Pflegegrad 2.

 

Pflegegrad 3
Mit Pflegegrad 3 hat der Gesetzgeber ein Instrument geschaffen, um Personen, die nach dem alten System nur Pflegestufe 1 erhalten haben, obwohl sie nachweislich unter einer eingeschränkten Alltagskompetenz litten, einen deutlich höheren Anspruch auf Pflegeleistungen zu gewähren. Personen, die trotz anderer Einschränkungen körperlich weitgehend fit waren, konnten bisher nur geringe Leistungen in Anspruch nehmen. Viele Personen mit diesem Profil wurden von Pflegestufe 1 oder Pflegestufe 2 in Pflegegrad 3 überführt.

  • Um Pflegegrad 3 zu erhalten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
    Es liegt eine schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vor.
    Pflegegrad 3 entspricht den Anforderungen der früheren Pflegestufe 1 (zusätzlich eingeschränkte Alltagskompetenz) oder der früheren Pflegestufe 2 bei rein körperlichen Einschränkungen.
    Anspruch auf Leistungen nach Pflegegrad 3 besteht, wenn die betroffene Person im Rahmen der MDK-Begutachtung einen Wert zwischen 47,5 und 70 erreicht.
    Pflegegrad 3 kann sowohl bei hauptsächlich körperlicher Beeinträchtigung als auch bei starken geistigen Beeinträchtigungen gewährt werden. Hier entscheidet die Punktzahl im Einzelfall.

 

Pflegegrad 4
Pflegegrad 4 wird als schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit definiert. Patienten aus den bisherigen Pflegestufen 3 oder 2 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz) werden automatisch in Pflegegrad 4 übernommen.

  • Um Pflegegrad 4 zu erhalten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
    Personen, die bereits vor Ende 2016 Leistungen der Pflegestufe 2 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz) oder 3 (ohne eingeschränkte Alltagskompetenz) erhalten haben, werden automatisch in Pflegegrad 4 überführt.
    Um in Pflegegrad 4 eingestuft zu werden, muss die betroffene Person eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit aufweisen und rund um die Uhr auf Hilfe durch eine Pflegefachkraft oder einen pflegenden Angehörigen angewiesen sein.
    Bei der MDK-Begutachtung werden in verschiedenen Kategorien Punkte vergeben. Mit einer Gesamtpunktzahl von mindestens 70 und maximal unter 90 erhält die betroffene Person Pflegegrad 4.
    Personen mit Pflegegrad 4 sind in der Regel rund um die Uhr auf Pflege angewiesen, entweder aufgrund körperlicher Erkrankungen oder einer fortgeschrittenen Demenz- oder Alzheimererkrankung in Verbindung mit körperlichen Einschränkungen.
    Die Betreuung erfolgt häufig durch einen Angehörigen und kann bei bestimmten Grundpflegeleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst unterstützt werden. Es sollte rund um die Uhr eine Betreuungsperson anwesend sein.
    Die Leistungen, die Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 von der Pflegeversicherung erhalten, sollen dem hohen Pflegeaufwand entsprechen. Die Leistungssätze unterscheiden sich deutlich von den niedrigeren Pflegegraden.
    Das monatliche Pflegegeld beträgt im Pflegegrad 4 728 Euro und wird für die Pflege und Betreuung durch Angehörige oder Bekannte eingesetzt. Zuvor betrug der Satz ebenfalls 728 Euro für Pflegestufe 3 und 545 Euro für Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz.
    Pflegesachleistungen in Höhe von monatlich 1.693 Euro stehen für den Einsatz eines ambulanten Pflegedienstes zur Verfügung, der Pflege, Betreuung und Unterstützung bei hauswirtschaftlichen Aufgaben umfassen kann.
    Bei Kombination der Pflege durch einen Pflegedienst und die Betreuung durch Angehörige ist es möglich, bis zu einem bestimmten Betrag Leistungen aus beiden Bereichen zu erhalten. Wenn die Pflegesachleistungen nicht vollständig beansprucht werden, können bis zu 644,80 Euro für weitere Betreuungsleistungen beantragt werden.

 

Pflegegrad 5
Pflegegrad 5 wird Personen zugeordnet, die einen außergewöhnlich hohen Pflegeaufwand benötigen.

  • Um Pflegegrad 5 zu erhalten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
    Pflegegrad 5 ist der höchste Pflegegrad und steht für die schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
    Personen, die bis Ende 2016 in die Pflegestufe 3 mit Härtefallregelung oder mit eingeschränkter Alltagskompetenz fielen, entsprechen diesem neuen Pflegegrad.
    Bei Pflegegrad 5 wird nicht mehr zwischen Personen mit und ohne kognitive Einschränkungen unterschieden.
    Um in Pflegegrad 5 eingestuft zu werden, muss die betroffene Person einen deutlichen Pflegebedarf haben und rund um die Uhr auf eine Pflege angewiesen sein, die besondere Anforderungen an die pflegenden Personen stellt.
    Dazu gehört beispielsweise die vollständige Übernahme der Grundpflege wie Körperpflege und Nahrungsaufnahme. Die Betroffenen benötigen neben Unterstützung bei alltäglichen Verrichtungen auch psychosoziale Unterstützung, da sie häufig keine eigenen körperlichen oder kognitiven Aktivitäten mehr durchführen können.
    Ursachen für die fehlende Eigenständigkeit können eine fortgeschrittene Demenz- oder Alzheimererkrankung in Verbindung mit starken körperlichen Einschränkungen sein. Personen mit Pflegegrad 5 sind in der Regel nicht in der Lage zu gehen oder zu stehen, können ohne Hilfe keine Nahrung aufnehmen und sind oft bettlägerig.
    Die Einstufung der Pflegegrade erfolgt anhand eines Punktesystems mit maximal 100 Punkten. Mindestens 90 Punkte sind erforderlich, um in Pflegegrad 5 eingeordnet zu werden.
    Personen, die bereits vor 2017 Leistungen der Pflegestufe 3 mit anerkannter Einschränkung der Alltagskompetenz oder mit der Härtefallregelung erhalten haben, werden automatisch in den neuen Pflegegrad 5 überführt, ohne erneut begutachtet zu werden.
     

Kostenfaktor Pflege - kannst Du die Kosten decken?

Bei Pflege zu Hause erhältst Du als Pflegebedürftiger das sogenannte Pflegegeld, mit dem Du die pflegenden Personen entlohnen kannst. Je höher der Pflegegrad, desto höher das Pflegegeld. Für die Unterbringung in einem Altenheim oder einer Seniorenresidenz erhältst Du Pflegesachleistungen. Diese sind zwar höher als das Pflegegeld, reichen jedoch oft nicht aus, um die Kosten für Unterbringung und Versorgung zu decken.

Abhängig von den individuellen Gegebenheiten musst Du genau abwägen, ob die Pflege zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung die beste Lösung für die pflegebedürftige Person und Deine Familie ist.

Tipp: Die Kosten für ein Pflegeheim können in einigen Bundesländern sehr hoch sein. Wenn Du bereits jetzt vorsorgen möchtest, um diese Kosten im Alter tragen zu können, solltest Du über eine Pflegeversicherung nachdenken.

 

Pflegeverfügung erstellen - Deine Wünsche für den Ernstfall festhalten

In einer Pflegeverfügung hältst Du sowohl Wünsche für Deine Pflege als auch Deine persönlichen Gewohnheiten fest. Die Verfügung soll Deinen Angehörigen und dem Pflegepersonal dazu dienen, Dir die Pflege so angenehm wie möglich zu gestalten und es ihnen ermöglichen, Deine persönlichen Charakterzüge sowie Vorstellungen zu berücksichtigen. Du kannst das Dokument formlos aufsetzen und in Deinem Vorsorgeordner hinterlegen.

Diese Dinge solltest Du in Deine Pflegeverfügung schreiben:

  • Gewohnheiten, Vorlieben wie z. B. Lieblingsessen, -kleidung und -beschäftigung
  • Vorstellungen zum Lebensabend
  • Religiöse Vorstellungen
  • Schlaf- und Essgewohnheiten
  • Hobbies, Lieblingsspiele, Bücher und Filme
  • Bevorzugte sportliche Übungen
  • Vorstellungen zur Wohnumgebung

Jede Person hat ihre kleinen Besonderheiten. Du kannst beispielsweise nur in absoluter Dunkelheit schlafen oder Du möchtest jeden Sonntag Dein Lieblingsserie schauen. Scheue Dich nicht davor, was andere über Dich denken könnten, und sei in der Beschreibung Deiner Gewohnheiten und Vorlieben so ausführlich wie nötig.
 

Wofür brauche ich eine Pflegeverfügung?

Die Pflegeverfügung kann dazu beitragen, dass Deine Angehörigen im Ernstfall Deine Wünsche kennen und die Betreuung in Deinem Sinne gestalten können. Falls Du eines Tages auf dauerhafte Unterstützung angewiesen bist, ist das Dokument auch für die ambulante Pflege eine wertvolle Orientierungshilfe. Wenn Du nämlich nicht mehr in der Lage bist, Deine Wünsche zur Tagesgestaltung, zu kulinarischen Vorlieben oder zur Einrichtung des eigenen Zimmers in einem Pflegeheim mitzuteilen, können Pflegepersonal und Familie diese einfach nachlesen.

Wer denkt, dass er keine Pflegeverfügung braucht, weil Freunde oder Familie alles Notwendige schon im eigenen Sinne regeln würden, täuscht sich meist. Vertrauenspersonen haben in konkreten Fragen oft nur eine ungefähre Vorstellung davon, wie sich Betroffene ihren Lebensabend vorstellen. Ohne entsprechende Absicherung folgen auch Pfleger aus bester Absicht häufig dem Rat aus dem Kollegium oder medizinischen Empfehlungen. Die Folge: Im schlimmsten Fall entspricht die Pflege nicht Deinen Vorstellungen.

 

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